SCHERE STEIN PAPIER

 

mit Arbeiten von Viktor Rosin, Eva Schmidt und Soenke Thaden

 

Unter obigem Titel findet in der hieisgen Ausstellung die erste gemeinsame Ausstellung der drei HGB Studenten (Klasse von Professor Annette Schröter) statt. Die 'Tripolarität' des Titels ist bewusst als eine Erweiterung des bisherigen Ausstellungskonzeptes zu begreifen, bei dem es wieder um Gegenüberstellung und Zusammenwirkung ganz unterschiedlicher künstlerischer Ansätze geht. Alle drei Künstler legen durchaus einen unterschiedlichen Zugang zur Malerei an den Tag.

 

Da wären die Arbeiten von Viktor Rosin, die sich mit in Öl gemalten Portraits beschäftigen. Wenn sich der Blick des Betrachters weitet, verdichten sich die Einzelaufnahmen der Gesichter, die isoliert betrachteten Körperteile, sowie deren Modifikationen zu vielsagenden Portraits im zeitgenössischen Kontext. Es sind meist Piercings oder Tätowierungen, die - oft auffällig in Szene gesetzt – aus den Bildern hervorstechen und unsere Wahrnehmung gerade durch ihre Hervorhebung auf den Menschen richten, der sie trägt. Abseits von Stereotypisierung und Schaulust offenbart der Künstler so eine ganz eigene Interpretation des individuellen Körpers der Portraitierten und deren Lebenswelten – nicht selten gelingt dies selbst ohne das Gesicht des Portraitierten zu zeigen. Dabei wird oftmals die Tätowierung selbst als Malerei neu interpretiert (vgl. "Das Gemetzel"), und kann sich so in den Bildkosmos des Künstlers einfügen.

 

Die plastische Modellierung mit Ölfarben findet sich auch in der Malerei von Eva Schmidt wieder. Hier jedoch rückt die Phantasie symbolistischer Assoziationsketten in den Vordergrund. Tierfiguren ("Schafspelz", 2016), schlafende Protagonisten ("Schlaf", 2015) und surreal ausgeleuchtete Räume ("Die Jagd", 2015) verdichten Objekt und Figur zu traumgleichen Sujets. Eva Schmidt baut mit harten Farbkontrasten und starken Konturen ihre Bilder auf, oft das (zuvor als Foto erstellte) reale Portrait einer Person umkreisend. Die Malerei erinnert stellenweise an die Vertreter alter und neuer Leipziger Schule, adaptiert ins Traumhafte fallende Szenen auf eigenständige Weise und lässt damit die originellen Bildfindungen der Künstlerin zur Wirkung kommen.

 

Auch Soenke Thadens Arbeiten spielen mit Tiermotiven, die sich zu spannungsreichen Arrangements verdichten. Aus dem stilistischen Werkzeugkasten der Naiven Kunst (Henry Rousseau) und des Surrealismus nimmt der Künstler Impulse auf, um zwischen impressionistischen Einsprengseln Landschaften und Tierszenen entstehen zu lassen. Die animalischen Protagonisten weisen den Weg in eine Bildwelt, die einerseits von trügerischer Harmonie und andererseits von nicht ganz ernst zunehmenden Konflikten geprägt wird (vgl. "Karambolage", 2016). Eine Giraffe, die einen Hummer beißt, ein schmollendes Nilpferd, eine Gürteltiermutter mit Jungen, lassen den Betrachter in eine psychologische Welt wiederum menschlicher Empfindungen eintauchen.

 

Welche der Arbeiten nun Scheren, Steine oder Papiere verkörpern, mag der Betrachter selbst entscheiden. Vielleicht ist das Ausspielen von Konflikten auf spielerische Weise ja die allen drei Bildserien immanente Gemeinsamkeit. Malerei als die Abbildung des Nichtsichtbaren, der alternativen Realitäten, die sich oft genug hinter unserer Alltagswahrnehmung verbergen.

 

Robert Scholz, 2016